Martin Luther (1483 -1546 ) war ein deutscher Theologe und Kirchenpolitiker sowie die zentrale Persönlichkeit der Reformation. Mit seinen 95 Thesen (1517) wendet sich Luther gegen den Ablasshandel.
Der Ablass war ein in der römisch-katholischen Theologie geregelter Gnadenakt, durch den nach kirchlicher Lehre zeitliche Sündenstrafen erlassen (nicht dagegen die Sünden selbst vergeben) werden. Durch die Ablassbriefe sollten den Gläubigen ein dem Geldbetrag entsprechender Erlass zeitlicher Sündenstrafen im Fegefeuer für sie oder für bereits verstorbene Angehörige bescheinigt werden können.
Dies stellte eine bemerkenswerte Vermengung zutiefst materieller Werte (namentlich Geld) und nicht rational erfassbarer, übersinnlicher, will sagen geistlich-spiritueller Angelegenheiten dar. Für den neuzeitlichen Menschen mit aufgeklärt-rationaler Denkweise mag die Konstruktion „Ablasshandel“ völlig unsinnig erscheinen. Luther argumentiert naturgemäß als Mensch seiner Zeit sowie als Christ und Theologe. Zudem ist er sich der Macht der Kirche bewusst. Dennoch sind die Thesen ungeheuer kritisch und enthalten jede Menge Zündstoff. ( vgl. etwa These 10 „Dumm und übel handeln diejenigen Priester, die Sterbenden kirchenrechtliche Bußstrafen für das Fegfeuer vorbehalten.“ oder These 20 „Deshalb meint der Papst mit „vollkommener Erlass aller Strafen“ nicht einfach „aller“, sondern nur derjenigen, die er selbst auferlegt hat.“ sowie 21 Es irren daher diejenigen Ablassprediger, die da sagen, dass ein Mensch durch Ablässe des Papstes von jeder Strafe gelöst und errettet wird.“)
In „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (1520) erläutert Luther seinen Begriff von Freiheit.
Zum ersten.
Damit wir gründlich erkennen, was ein Christenmensch ist und wie es mit der Freiheit steht, die ihm Christus erworben und gegeben hat, wovon Paulus viel schreibt, will ich diese zwei Sätze aufstellen:
Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan.
Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.
Diese zwei Sätze liegen klar bei Paulus vor: 1Kor 9. Ich bin frei in allen Dingen und habe mich zu jedermanns Knecht gemacht. Ebenso Röm 13 Ich sollt niemand etwas schuldig sein, außer dass ihr einander liebt. Liebe aber, die ist dienstbar und untertan dem, was sie liebt. Ebenso heißt es von Christus Gal 4: Gott hat seinen Sohn gesandt, von einem Weib geboren und dem Gesetz untertan gemacht.
Zum Zweiten.
Um diese beiden widersprüchlichen Redeweisen von der Freiheit und der Dienstbarkeit zu verstehen, müssen wir daran denken, dass ein jeder Christenmensch von zweierlei Natur ist, von geistlicher und leiblicher. Nach der Seele wird er ein geistlicher, neuer, innerer Mensch genannt, nach Fleisch und Blut wird er ein leiblicher, alter und äußerer Mensch genannt. Wegen dieses Unterschiedes werden in der Schrift Sätze gesagt, die sich strikt widersprechen, so wie ich jetzt von Freiheit und Dienstbarkeit gesprochen habe.
Zum Dritten.
Zuerst nehmen wir uns den inwendigen, geistlichen Menschen vor, um zu sehen, was dazu gehört, dass er ein rechter, freier Christenmensch sei und heiße. Hier ist es offensichtlich, dass kein äußerliches Ding ihn frei und recht machen kann, wie immer es heißen möge. Denn sein Rechtsein und seine Freiheit, wie umgekehrt auch seine Bosheit und seine Gefangenschaft, sind nicht leiblich noch äußerlich. Was hilft es der Seele, dass der Leib nicht gefangen, frisch und gesund ist, isst, trinkt, lebt, wie er will? Umgekehrt, was schadet es der Seele, dass der Leib gefangen, krank und matt ist, hungert, dürstet und leidet, wie er es gerade nicht freiwillig tut? Keines dieser Dinge reicht an die Seele heran, sie zu befreien oder zu fangen, recht oder schlecht zu machen.“
Einer äußeren möglichen Unfreiheit steht jedenfalls eine innere Freiheit gegenüber.